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Lebkuchen international

von
lebkuchenrosette

Lebkuchen – Würziges Gebäck mit reicher Vergangenheit (II)

Lebkuchenspezialitäten gibt es zahlreiche, in Deutschland wie in vielen anderen Ländern innerhalb und außerhalb Europas. Bevor es um die internationalen Lebkuchenvarianten geht, zunächst aber ein Blick auf heimische Spezialitäten, unter denen nicht nur die sehr bekannten, sondern auch weniger bekannte sind.

Deutsche Lebkuchenspezialitäten

Lebkuchenfiguren

Lebkuchenfiguren findet man in ganz Deutschland – nicht nur zur Weihnachtszeit. Kein Jahrmarkt ohne die buntverzierten und meist auch beschrifteten Lebkuchenherzen. Auch die Knusper-, Hexen- oder Lebkuchenhäuser findet man deutschlandweit. Der Teig ist meist eher fester, damit er die notwendige Stabilität hat, um aufgehängt oder aufgestellt zu werden.

Nürnberger Lebkuchen

Bereits im Mittelalter hatten Lebkuchen aus Nürnberg überregional einen sehr guten Ruf, der dafür sorgte, dass das Backwerk schon früh über die Grenzen der Stadt hinaus getragen wurde. Auch wenn die Nürnberger Lebkuchen meist mit Oblatenlebkuchen assoziiert werden, sind diese nicht die einzige Spezialität, die traditionsreichen Lebküchner der Stadt backen. Typisch ist ein hoher Anteil an Ölsamen und die Verwendung von Zitronat und Orangeat. Die berühmten Elisenlebkuchen sind eine vergleichsweise junge Erfindung eines Nürnberger Bäckers, der sein Rezept nach seiner Tochter benannte. Sie zeichnen sich durch einen geringen Mehlanteil (0-10 %) und einen umso größeren Anteil an Mandeln, Wal- und Haselnüssen aus. Die Herkunftsbezeichnung „Nürnberger Lebkuchen“ ist seit 1927 geschützt.

Aachener Printen

Auch Aachen ist eine Stadt mit langer Lebkuchentradition. Jedoch haben die bereits im Mittelalter zubereiteten Honigkuchen, die in Modeln zu Figuren gepresst wurden, mit der heutigen Printe nicht viel gemein. Erst im 19. Jahrhundert wurde aus Mangel an preiswertem Honig das Rezept geändert und auf Zuckersirup umgestellt. Der Lebkuchen wurde dadurch zäher und herber. Zur Auflockerung des Teiges wurde Pottasche und Hirschhornsalz eingesetzt. Dadurch wurde das Backen in Modeln schwieriger – und die charakteristische Schnittform der Aachener Printe war geboren. Heutige Rezepte enthalten meist eine Mischung aus Honig, Sirup und gestossenem Kandis, der dem Gebäck eine zusätzliche Karamellnote verleiht.

Pulsnitzer Pfefferkuchen

Die Pfefferküchler aus den sächsischen Pulsnitz hatten es nach der Wende schwer. Hatten sich die Nürnberger und Aachener doch den Markt für Weihnachtsbackwaren weit gehend aufgeteilt. Dabei können die Pulsnitzer auf eine nicht minder alte Lebkuchentradition zurück blicken. Typisch für den Pulsnitzer Pfefferkuchen, der durch osteuropäische Rezepte beeinflusst ist, ist ein Vorteig aus Roggen- und Weizenmehl vermischt mit Honig, der zunächst einige Wochen oder besser Monate lagert. Früher konnten das auch schon einmal Jahre sein, wenn der Pfefferküchler zur Geburt eines Sohnes den Teig ansetzte und erst zu dessen Hochzeit weiter verarbeitete. Erst nach dieser Teigreife wird der Teig gebrochen und mit Nüssen, Gewürzen, Trockenfrüchten und Triebmittel verknetet. In Formen geschnitten, mit Mandeln verziert oder mit Nougat oder Konfitüre gefüllt landet er dann schließlich auf dem Weihnachtsteller.

Mecklenburger Pfeffernüsse

Mecklenburger Pfeffernüsse stehen stellvertretend für einige norddeutsche Varianten des Lebkuchens, deren Teig klassisch mit Sirup und Schmalz zubereitet wird. Neben einer hellen Variante gibt es auch braune Peffernüsse, die durch Zugabe von Kakao gefärbt und aromatisiert werden. Ähnlich wie beim Pfefferkuchen erhält der Teig sein feines Aroma durch längere Lagerung.  Häufig halbkugelförmig werden sind Peffernüsse meist mit Zuckerglasur im Handel.

Internationale Lebkuchenspezialitäten

Westeuropa

Unsere westlichen Nachbarn sind uns in Sachen Tradition wohl ein Stückchen voraus. So gilt der „couques de dinant„, der Lebkuchen der belgischen Stadt Dinant als die Mutter des Lebkuchens in der uns heute bekannten Form.

Aber auch die Franzosen lieben ihr „pain d’epice“, das in drei Varianten daher kommt: zwei davon ähneln zumindest optisch eher dem, was wir als Honigkuchen bezeichnen würden. Jedoch zeigen die Zutaten und vor allem die Verarbeitung, dass die Verwandtschaft doch sehr eng ist: Klassisch wird der Teig aus Honig und Mehl monatelang gelagert, damit er natürlich fermentieren kann. Dies gilt für pain d’epice aus Reims – zubereitet mit Roggenmehl, und für das aus Dijon – zubereitet mit Weizenmehl. Das elsässische Gertwiller gilt als Hauptstadt des französischen Lebkuchens und hat ganz eigene Spezialitäten. Hier gibt es sogar ein Museum eigens für den Lebkuchen.

In den Niederlanden ist „Peperkoek“ ebenfalls bekannt. Die – mit Roggenmehl – zubereiteten und mit Zuckerguss verzierten Lebkuchenfiguren und -herzen sind aber nicht unbedingt an die Weihnachtszeit gebunden. Über die Grenzen hinaus bekannt ist ein naher Verwandter des Lebkuchens, der niederländische Ontbijtkoek. Ebenfalls keiner Saison unterworfen, ist er – wie der Name schon sagt – klassischer Bestandteil des niederländischen Frühstücks.

Alpenraum

Auch in Österreich, der Schweiz und in Südtirol kann das Lebkuchenhandwerk auf eine lange Tradition zurück blicken. Basler Läckerli sind Welt bekannt. Schließlich hat das Lebkuchenhandwerk der Stadt Basel eine ähnlich bewegte Geschichte, wie das der Nürnberger. Ebenfalls bekannt ist eine weitere Schweizer Lebkuchenspezialität, die  Biberle / Biberli: mit Marzipan gefüllte Lebkuchen, die aus der Ostschweiz kommen und die es auch bei uns immer wieder auf den Weihnachtsteller schaffen. Die Lebzelten Österreichs und Südtirols werden – wie in Deutschland auch – in verschiedenen Varianten hergestellt: In Formen ausgeschnitten, in Model gedrückt oder auf Oblaten gebacken.

In diesem Zusammenhang ein kleiner linguistischer Ausflug: Lebzelten ist der alte, teilweise auch im süddeutschen Raum verwendete Begriff für Lebkuchen, abgeleitet vom Wort „Zelten“, das germanischen Ursprungs ist und „flacher Kuchen“ bedeutet. Heute wird der Begriff Zelten in Österreich noch für einige flache Gebäcke verwendet, die Früchte oder Saaten im Teig enthalten oder mit ihnen gefüllt sind. Daneben steht Zelten oder Zeltenbrot für das bei uns auch bekannte Früchtebrot. Die Begriffe Zelten, Lebzelten und Zeltenbrot werden auch in Österreich nicht eindeutig verwendet und sind zum Teil regional geprägt. In jüngster Zeit setzt sich jedoch auch in Österreich – wie im süddeutschen Raum – zunehmend der Begriff Lebkuchen durch.

Osteuropa

Der osteuropäische Lebkuchen hat eine eigene Tradition. Meist aus Roggenmehl hergestellt, das oft vor der Verarbeitung noch geröstet wird, verwendet man hier als Süßungsmittel nicht nur Honig und Zuckersirup, sondern auch aromatischen Fruchtsirup.

In Russland sind verschieden aromatisierte, oft auch mit Konfitüre gefüllte Prjaniki,  wie die Lebkuchen hier heissen, sehr beliebt. Sie werden meist zu Tee genossen. Das süße Gebäck passt hervorragend zum bevorzugt sehr bitter getrunkenen russischen Tee. Kein Wunder, dass die Prjaniki kein saisonales Gebäck in Russland sind, sondern das ganze Jahr genossen werden.

Die Pernik, tschechische Lebkuchen, sind besonders reich verziert. In ganz unterschiedliche Formen – meist weltliche Motive – geschnitten, werden die Lebkuchen mit Zuckerguss aufwändig bemalt. So entstehen kleine Kunstwerke, die gerne auch einmal dreidimensional sein dürfen. Besonders berühmt sind die Lebkuchen der Stadt Pardubitz. Hier wird alljährlich auch ein Lebkuchenfest gefeiert, zu dessen Anlass eine Lebkuchenkönigin gekürt wird.

Die litauischen Meduolis weisen gleich zwei bei osteuropäische Lebkuchen häufig anzutreffenden Besonderheiten auf: Die Mischung aus Weizen- und Roggenmehl wird kräftig angeröstet, bevor sie mit dem Honig vermischt wird. Als Aromageber aber auch zur Verbesserung der Teigeigenschaft wird Wodka zugegeben.

Die Lebkuchen der Hansestadt Thorn sind auch bei uns sehr bekannt. Thorner Kathrinchen, nach der Hl. Katharine von Alexandrien benannt, gehören zu den Klassikern auf Omas Weihnachtsteller. Es ist das Rezept der Thorner Pfefferküchler, das die ostdeutschen Pfefferkuchenvarianten maßgeblich beeinflusst hat. Das Besondere an den Thorner Pfefferkuchen ist eine raffinierte Füllung aus Nüssen, getrockneten Früchten und Quittenmarmelade.

Nordeuropa

Nordeuropäische Lebkuchenvarianten werden gerne eher zu den Plätzchen gezählt. Dies mag daran liegen, dass sie bevorzugt sehr dünn gebacken werden, wenn auch die Zutaten die eines klassischen Pfefferkuchens sind. Die Rezepte sind häufig auf Basis von Sirup, mit einer Mischung aus Weizen- und Roggenmehl und oft auch gemahlenen Nüssen. Typisches Beispiel hierfür sind die finnischen Piparpakut. Die dänischen Brune kager sind in ihrer Rezeptur eng mit den in Norddeutschland gebackenen Braunen Kuchen verwandt – wie man auch in ihrem Namen erkennen kann. Schwedische Pfefferkuchen, die nahe mit den osteuropäischen Pfefferkuchen verwandt sind, erhalten ihr feines Aroma von Pomeranzenschale, die auch in anderen Osteuropäischen Rezepten gerne eingesetzt wird.

Südeuropa

Auch in Südeuropa kennt man lebkuchenähnliches Gebäck, das fester  Bestandteil der Weihnachtstradition ist. Berühmt ist das Panforte di Siena, ein an Früchtebrot erinnernder fester Kuchen, der reich an Nüssen und Trockenfrüchten ist und ebenfalls aromatisch gewürzt wird. Die griechischen Melomakarona, ein klassisches Weihnachtsgebäck in Griechenland, stehen stellvertretend für eine andere Urvariante des Honigkuchens, wie er bereits in der Antike zubereitet wurde: Hier wird der gewürzte Honig nicht im Teig verarbeitet, sondern das Gebäck nach dem Backen damit getränkt.

England / Amerika

Im englischsprachigen Raum heißt der Lebkuchen Gingerbread. Ähnlich wie bei uns beim Begriff Pfefferkuchen ist der Ingwer im Namen nur bedingt wörtlich zu nehmen. Zwar wird das sehr beliebte und in zahlreichen Varianten zubereitete Gebäck häufig unter anderem mit Ingwer aromatisiert, jedoch steht „Ginger“ auch stellvertretend für Gewürze allgemein.

Die Englische Lebkuchentradition ist ähnlich lang wie die in Mittel- und Osteuropa. Überlieferte Rezepte aus dem 16. und 17. Jahrhundert zeigen, dass das Gingerbread bereits zur damaligen Zeit recht variantenreich zubereitet wurde: so finden sich Rezepte aus altem, geriebenen Brot ebenso wie „klassische“ mit Mehl und Honig oder welche, bei denen der Teig gekocht wird, wie beim Old English Gingerbread.

Heutzutage wird Gingerbread vor allem auf zwei Arten zubereitet: als nicht unbedingt saisonales Gebäck, das eher an Kuchen denn an Lebkuchen erinnert und maßgeblich durch die Gewürze (hauptsächlich Ingwer) geprägt ist, wie das Grasmere Gingerbread. Daneben werden ähnlich wie bei uns gerne Figuren aus Lebkuchenteig zubereitet. Die bekannteste Form ist der Gingerbread Man, ein stark vereinfachtes Männchen, das keksdünn gebacken und mit Zuckerguss verziert wird.

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