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Pfannkuchen (Teil 2) – internationale Esskultur

Die Welt is(s)t eine Scheibe

Eigentlich sollte man meinen, dass das Rezept – Mehl, Ei und Wasser oder Milch zu einem gießfähigen Teig verarbeitet und in der Pfanne gebacken – eindeutig ist. Schaut man sich jedoch die Rezepte, die auf dieser Grundrezeptur aufbauen, genauer an, dann stellt man fest, dass diese sich in Geschmack und Konsistenz zum Teil deutlich unterscheiden. Ebenso stark unterscheidet sich die Esskultur, die sich in den einzelnen Länder rund um den Pfannkuchen und seinen Verwandten entwickelt hat. Auch wenn die Globalisierung auch beim Pfannkuchen Einzug gehalten hat und klare Grenzen zunehmend verwischen.

Stichworte, nach denen die folgenden Rezepte unterschieden werden, sind:

  • das verwendete Mehl (es gibt kaum ein Getreide, das nicht zu Pfannkuchen verarbeitet wird),
  • die Konsistenz des Pfannkuchens, die durch die Konsistenz des Teiges (Verhältnis von Mehl zu flüssigen Komponenten wie Ei, Wasser, Milch etc.) und eventuelle Zugabe von Triebmitteln (Backpulver, Natron, Hefe) erreicht wird,
  • Geschmacksvarianten und
  • der Anlass, zu dem die Pfannkuchen üblicherweise genossen werden.

Rezepte für Europäische Pfannkuchenspezialitäten

Schon in Europa ist es unmöglich, auch nur eine annähernd einheitliche Grundrezeptur abzubilden.  Zumal es selbst innerhalb eines einzelnen Landes verschiedene meist regionale Rezept-Varianten geben kann.

Deutschland

Der Pfannkuchen im deutschen Sprachraum
© Atlas zur deutschen Alltagssprache

Alleine in Deutschland gibt es nicht nur regional verschiedene Bezeichnungen für den Pfannkuchen, sondern dieser wird auch ganz unterschiedlich zubereitet. Obligatorisch ist die Verwendung von Weizenmehl. Grundsätzlich werden drei Rezept-Varianten gepflegt: ein dünner, relativ zäher Pfannkuchen (Mischungsverhältnis 1:2 – Mehl zu Flüssigkeit) mit relativ hohem Eianteil und ohne Triebmittel, die dickere Variante des Eierpfannkuchens mit fluffiger Konsistenz und sehr hohem Eianteil (manchmal auch ergänzt durch Backpulver) und der Hefepfannkuchen, regional auch Plinse genannt, dessen lockere Konsistenz nicht durch einen höheren Eianteil, sondern durch Zusatz von Hefe erreicht wird.

Serviert werden Pfannkuchen meist als eigenständige Mahlzeit zum Mittag- oder Abendessen. Süße Varianten – in der einfachsten schlicht mit Zucker oder Apfelmus serviert – sind dabei ebenso gebräuchlich wie herzhafte. Die Zutaten können wahlweise direkt mit eingebacken oder später auf den Pfannkuchen aufgelegt werden. Auch wird bei den Rezepten der Teig häufig zusätzlich aromatisiert (bspw. Zitronenschale, Kräuter, Quark etc.) Weit verbreitet sind Varianten mit Apfel (in Stücken oder Ringen eingebacken) oder mit Speck (Schinken) und / oder Käse. Eine weitere Variante ist, den Pfannkuchen in Streifen geschnitten als Suppeneinlage zu verwenden, wie bei den schwäbischen Flädle. Traditionell üblich sind in Deutschland eher sparsame Beläge. Der Variantenreichtum hat erst unter Einfluss holländischer und französischer Essgewohnheiten zugenommen.

Im Zusammenhang mit Pfannkuchen sind noch zwei Besonderheiten erwähnenswert: In Berlin versteht man unter Pfannkuchen nicht den Teigfladen, der hier Eierkuchen genannt wird, sondern den in Fett gebackenen und meist mit Marmelade gefüllten Krapfen (auch Berliner genannt). Ebenfalls regional gebräuchlich ist der Begriff des Kartoffelpfannkuchens, einem Gericht aus geriebenen Kartoffeln, auch Reibekuchen, Kartoffelplätzchen oder Kartoffelpuffer genannt.

Frankreich

Am französischen Pfannkuchenhimmel leuchten zwei goldene Scheiben: der berühmte Crêpes und die Galette. Beide Rezepte zeichnen sich dadurch aus, dass sie besonders dünne Vertreter ihrer Art sind. Der offensichtliche Unterschied zwischen beiden ist das verwendete Mehl: Beim Crêpes wird Weizenmehl verwendet, das ihm eine eher gelbliche Farbe verleiht, beim Galette Buchweizenmehl (blé noir), wodurch er eine graubraune Farbe bekommt. Im Unterschied zu allen drei deutschen Varianten ist der Teig für Crêpes und Galette flüssiger. (Etwa 2,5-3:1 flüssige Komponenten zu Mehl).

Die gewünschte Konsistenz für einen Crêpes ist ein sehr dünner, weicher und damit auch faltbarer Fladen (Crêpes werden häufig zum Dreieck gefaltet serviert). Erreicht wird dies neben der dünnen Teigkonsistenz durch Zugabe von Butter und dadurch, dass der Crêpes nicht so stark gebacken wird. Eine Verbesserung der Teigkonsistenz erhält man durch teilweisen Austausch der Milch durch Bier, eine Variante, die vor allem im nördlicheren Frankreich häufig verwendet wird. Crêpes werden sowohl süß als auch herzhaft serviert. Besonders beliebt sind eine Vielzahl von Variationen zum Dessert, wie die berühmten Crêpes Suzette mit Orangenbutter. Der Galette darf (vor allem an den Rändern) auch schon einmal knusprig werden. Traditionell besteht der Teig nur aus Buchweizenmehl, Wasser und Salz. Die aus der Bretagne und der Normandie stammende Urvariante des Pfannkuchens wird in der Regel herzhaft serviert. Sehr beliebt ist ein Rezept mit Käse, Schinken und Ei, Galette Complète genannt. Wer die ganze Vielfalt französischer Crêpes- und Galettespezialitäten genießen möchte, der wird in einer Crèperie, dem französischen Restaurant für diese Spezialität, sicher fündig

Unter der Bezeichnung Galette gibt es noch weitere französische Rezepte: zum einen sind dies Galettevarianten, wie die Galette Savoyarde, bei der Kartoffelpüree statt Mehl verwendet wird. Ebenfalls als Galette bezeichnet werden einige Kuchen bzw. Gebäcke, wie der berühmte Galette des Rois, der französische Dreikönigskuchen aus Blätterteig.

Niederlande

Unsere niederländischen Nachbarn haben ebenfalls eine ausgeprägte Pfannkuchenkultur. Und auch hier leuchten gleich drei Rezept-Spezialitäten am Firmament: Zum einen die berühmten Pannekoeken, deren Zubereitungsvielfalt schier endlos zu sein scheint, wie einem spätestens beim Anblick der Speisekarte in einem der weit verbreiteten Pfannkuchenhäuser (Pannekoekenhuys) klar wird. Es gibt fast nichts, was nicht in oder meist auf den Pfannkuchen gelegt wird: in der einfache Version als „nature“ (zu der Zucker und Sirup – Stroop gereicht wird), mit Sahne und Früchten oder mit herzhaftem Belag, der den Varianten eines Pizzabelages in nichts nachsteht. Die dünne, crêpes-ähnliche Variante des Pannekoeken wird Flensjes genannt. Darüber hinaus sind die holländischen Poffertjes berühmt: ein kleiner Pfannkuchen, der in speziellen Pfannen mit Mulden zubereitet wird. Der Teig – urpsprünglich mit Hefe hergestellt – besteht aus einer Mischung aus Buchweizen- und Weizenmehl. Poffertjes müssen innen besonders fluffig sein, daher werden sie bereits gewendet, wenn die Oberseite noch feucht ist.

Österreich

Die Österreicher sind die Meister der Mehlspeisen. Eine dieser unzähligen Spezialitäten der österreichischen Küche sind Palatschinken, die österreichische Rezept-Variante des Pfannkuchens. Diese sind ähnlich, aber nicht ganz so dünn wie Crêpes und werden ebenso vielseitig gefüllt. Allerdings wird in Österreich der Palatschinken mit der Füllung gerollt und nicht, wie in Frankreich, gefaltet. Der österreichische Teig enthält auch mehr Ei und schmeckt dadurch etwas voller. Das bekannteste Rezept ist der Topfenpalatschinken mit einer Füllung aus aromatisiertem Quark meist als Dessert serviert. Der Name Palatschinken kommt übrigens ursprünglich vom lateinischen placenta (Kuchen) und hat auf dem Umweg über Tschechien (palačinka) Einzug in Österreich gehalten. Neben dem Palatschinken gibt es in Österreich noch eine weitere, berühmte Pfannkuchenspezialität: den Kaiserschmarrn. Die besonders fluffige Konsistenz dieses in Stücke gerissenen Pfannkuchens wird durch separat aufgeschlagenes Eiweiß erreicht. Dabei gelingt der Kaiserschmarrn besonders gut, wenn er im Ofen zubereitet wird.

Russland

Auch in Russland kennt man verschiedene Versionen des Pfannkuchens. Am bekanntesten sind die mit den Plinsen verwandten Bliny, Pfannkuchen mittlerer Dicke aus Hefeteig, die häufig schlicht mit Butter serviert werden. Berühmt ist die Rezept-Variante mit saurer Sahne und Kaviar, ebenso geläufig sind Konfitüre, Honig oder Käse. Der Teig für Bliny ist vergleichweise dick (1:1). Klassisch mit Buchweizen- oder Hirsemehl zubereitet, sind heute auch Blinyrezepte mit Weizenmehl oder Mischungen aus diesen Mehlsorten üblich. Weniger bekannt bei uns sind Oladyi, eine kleinere, dickere Variante, die mit Buttermilch zubereitet wird.

Westeuropa

In Großbritannien und Irland werden Pfannkuchen klassisch zum Frühstück genossen, jedoch werden ganz unterschiedliche Rezepturen gepflegt. Der englische Pancake,  der auch in Wales verbreitet ist, ähnelt dem holländischen und der dünnen deutschen Variante, allerdings enthält der Teig in der Regel Butter. Klassisch wird er süß serviert mit Zitrone und Zucker oder Golden Syrup. Die schottischen Drop Scones haben in der Konsistenz und Größe Ähnlichkeit mit den holländischen Poffertjes. Sie werden jedoch in einer normalen Pfanne gebacken. Der Teig ist relativ dick und enthält neben Triebmitteln (Natron und Weinstein bzw. Backpulver) meist auch etwas Sahne. Die münzähnliche Form wird dadurch erreicht, dass nur ein Löffel in die Pfanne getropft wird (daher auch der Name). Auch Drop Scones werden in der Regel süß serviert, meist mit Butter und Honig. Auch in Irland wird diese dickere Variante bevorzugt, jedoch wird der Teig meist mit Buttermilch zubereitet. Weit verbreitet ist in Irland auch der Boxty, ein Kartoffelpfannkuchen aus rohen und gekochten Kartoffeln, der sowohl herzhaft als auch süß gegessen wird.

Nordeuropa

Auch in Nordeuropa sind die Gepflogenheiten rund um den Pfannkuchen nicht einheitlich. Neben einer dünneren Variante, die dem Pannekoek ähnelt und meist süß mit Konfitüre, Sahne oder Eis serviert wird, gibt es vor allen Dingen in Schweden ganz eigene Spezialitäten. Darunter sind einige, die nicht auf dem Herd, sondern im Ofen zubereitet werden, wie der Ålands Pannkaka, ein eher an einen Kuchen erinnernder dicker Pfannkuchen aus einem aromatischen Mehl-Reisbrei. Ebenfalls im Ofen gebacken wird der finnische Pannukakku. Traditionell ist der Donnerstag der Tag in der Woche, an dem die Schweden gerne Pfannkuchen essen. Wie auch in Finnland wird Pfannkuchen hier traditionell zu Erbsensuppe gegessen.

Osteuropa

In Osteuropa gibt es eine historisch bedingte Trennlinie in der Pfannkuchenkultur. Ungarn und Tschechien pflegen gemeinsam mit Österreich den Palatschinken (oder palacsinta, wie er in Ungarn heißt), bei dessen Geschichte sich die Esskulturen der Länder wechselseitig beeinflusst haben. Auch die polnischen naleśniki sind ähnlich dünne Pfannkuchen und werden sowohl herzhaft als auch süß zubereitet. Dabei werden sie im Gegensatz zum Palatschinken jedoch nicht gerollt, sondern meist zu Päckchen gefaltet. Im übrigen Osteuropa, wie in Weißrussland und der Ukraine, ähneln die Rezepte eher den russischen Bliny.

Südeuropa

In Südeuropa sind es vor allem die Italiener, die regional einige Pfannkuchenvarianten pflegen. Aus Ligurien stammt die Farinata, die mit Kichererbsenmehl und Olivenöl zubereitet und im Ofen gebacken wird. Sie findet man in ähnlicher Zubereitung rund um das westliche Mittelmeer. Serviert wird sie als Imbiss und häufig zu Wein genossen. Eine andere regionale Spezialität sind Necci, Pfannkuchen aus Kastanienmehl, die aus der nördlichen Toskana stammen. Diese werden meist mit einer Ricottafüllung gerollt serviert. Die italienische Schwester des Crêpe ist die Crespella, die jedoch im Gegensatz zu diesem meist nur herzhaft gefüllt serviert wird.

Nordamerika

American Pancakes unterscheiden sich schon rein optisch deutlich von den meisten in Europa bekannten Pfannkuchen-Varianten. Die in den USA und Kanada geläufigen Pfannkuchen haben meist einen Durchmesser von etwa 10 cm (es gibt auch Münzgroße Varianten) und sind deutlich dicker und fluffiger. Erreicht wird die Konsistenz durch einen relativ dicken Teig (1:1) und den Zusatz von Triebmitteln (Natron oder Backpulver). Häufig werden die Pancakes auch statt mit Milch mit Buttermilch zubereitet. Traditionell werden im Amerika Pancakes zum Frühstück gegessen. Häufig schlicht mit Ahornsirup serviert gehören auch Blaubeerpfannkuchen zu den Klassikern, bei denen die Blaubeeren meistens im Teig eingebacken werden. In den vergangenen Jahren erfreuen sich Pfannkuchen jedoch zunehmender Beliebtheit und werden inzwischen auch in zahlreichen herzhaften und süßen Varianten zum Dinner gegessen. Da bei süßen Varianten auch der Teig gesüßt wird, sind Amerikanische Pancakes deutlich süßer als ihre europäischen Verwandten.

Australien / Neuseeland

Die in Australien und Neuseeland verbreiteten Pfannkuchen stehen in Konsistenz und Größe zwischen englischen und amerikanischen Pancakes. Pikelets, wie sie in Australien genannt werden, haben in etwa die Größe amerikanischer Pfannkuchen, sind jedoch nicht so dick, wenngleich dicker als ihre englischen Verwandten. In Australien und Neuseeland isst man Pfannkuchen meist zum Dessert oder zum Frühstück.

Asien

Auch in Asien kennt man verschiedene Varianten des Pfannkuchen. In Südindien verbreitet sind Dosai, dünne Pfannkuchen aus mit Joghurt gesäuertem Teig, in dem Reis- und Linsenmehl verarbeitet wird. Traditionell mit Chuneys, Sambars oder Pickles zum Frühstück serviert, gibt es alleine von dieser Spezialität inzwischen zahllose Varianten, die auch als Imbiss genossen werden. Aus Nordindien stammt eine weitere Pfannkuchenvariante, die Poodas aus Weizenmehl und Joghurt. Sie werden sowohl herzhaft als auch süß gegessen. Darüber hinaus gibt es noch die Pithas aus dem nordindischen Assam, die ebenfalls auf Reisbasis hergestellt werden und deren Teig Fladenbrot- oder Pfannkuchenähnliche Konsistenz haben kann.

In Japan sind süße, mit süßer Bohnenpaste gefüllte Pfannkuchen auf Weizenmehlbasis beliebt, Dorayaki genannt. Die vietnamesischen Banh Xeo werden mit Reismehl und Kokosmilch zubereitet und pikant gefüllt. Ähnlich werden die Pfannkuchen in Kambodscha serviert. Ebenfalls auf Kokosmilchbasis hergestellt wird eine bekannte Pfannkuchenspezialität aus Sri Lanka, die in ähnlicher Art auch in Südindien verbreitet ist: die Hoppers. Charakteristisch für die süßen, mit Hefe in einer speziellen Pfanne zubereiteten Hoppers ist ein dünner Rand und eine dicke, weiche Mitte. Sie werden zum Frühstück serviert. Eine weitere mit Kokosmilch hergestellte Spezialität sind die Malayischen Roti Jala, bei denen der dünne Teig in der Pfanne zu einem Gitter gespritzt wird. Sie werden als Beilage zu Currys serviert.

Auf den Philippinen ist die amerikanische Variante der Pancakes sehr beliebt. Sie wird zum Frühstück gegessen, aber auch an Straßenständen als Imbiss angeboten.

Afrika

Auch in Afrika kennt man Pfannkuchen. Importiert aus den Niederlanden sind in Südafrika Pannekoeken beliebt, die meist süß gegessen werden. Häufig wird der Zucker mitgebacken, so dass er karamellisiert und die Pfannkuchen knusprig werden. Ein von den Berbern stammendes und in Nordafrika in einigen Ländern besonders zum Frühstück beliebtes Rezept sind Baghrir, ein crêpes-ähnlicher Pfannkuchen, mit „tausend“ Löchern, die nur darauf warten, mit einer aromatischen, süßen Tränke aus Butter, Honig und Orangenblütenwasser gefüllt zu werden.

Eine weitere, aus Äthiopien stammende und dem französischen Galette ähnelnde Variante ist Injera, ein dünner Pfannkuchen aus Teff (Zwerghirse), einem äthiopischen Kulturgetreide. Die Konsistenz des gesäuerten Teiges und des Fladens ist Crêpes-ähnlich. Man isst es jedoch wie Fladenbrot und nutzt es so auch als „Essbesteck“, um die meist sehr soßigen äthiopischen Gerichte mit den Fingern in den Mund zu befördern.

Letztlich wird hiermit eine Eigenschaft des Pfannkuchens genutzt, die auch ein Grund für seine globale Beliebtheit ist: Man braucht kein Besteck, um ihn zu geniessen.

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