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Ein Apfel für Aphrodite – die Quitte

Der Schönsten – stand auf dem Apfel, den einst eine Frau voller Missgunst drei anderen Frauen zuwarf. Die Folge: Die Drei stiegen im Kampf um eben jenen Apfel in den Ring. Dumm nur, dass dieser Ring vor den Toren Trojas stand und die folgende Rauferei Jahrzehnte dauern und den Untergang eines blühenden Reiches zur Folge haben sollte. Die Damen, die sich hier so engagiert bekämpften, waren die Göttinnen Hera, Aphrodite und Athene. Angestachelt von Eris, der Göttin der Zwietracht und des Zwistes. Der Apfel des Zanks aber war gar keiner – denn es handelte sich eigentlich dabei um eine Quitte. Jene Frucht, die in der Antike als Symbol für Liebe, Fruchtbarkeit und Glück und somit als Frucht der Aphrodite und später auch ihrer römischen Kollegin Venus galt.

Frucht mit Tradition

Wo die Quitte ihren Ursprung hat, ist nicht genau gesichert. Vermutlich stammt sie aus Westasien bzw. dem östlichen Mittelmeerraum. Kultiviert wurde sie wahrscheinlich erstmals auf Kreta. Daher kommt auch der Name Quitte, der sich vom griechischen Kydomalon (=Apfel aus Kydonia, dem heutigen Chania) ableitet. Von den Griechen wurde sie als Nahrungs- und Genussmittel, aber auch wegen ihrer Heilwirkung und ihres Duftes geschätzt. So sollte die Braut vor der Hochzeitsnacht eine Quitte essen, ein Hinweis auf die Freuden (süßer Duft) und Leiden (herber Geschmack) der Ehe. Auch galt sie als Fruchtbarkeitssymbol, der Genuss versprach reichen Kindersegen.

Die Römer lernten die Quitte bei den Griechen kennen und setzten sie nicht nur auf ihre Speisekarte, sondern sorgten auch dafür, dass sie erstmals ihren Weg über die Alpen fand. Es ist davon auszugehen, dass zahlreiche Quellen und Symbolik aus der Antike, die dem Apfel zugeschrieben werden, eigentlich auf die Quitte deuten. Die Bezeichnung „malum“ bzw. „melum“ bedeutet „runde Frucht“ und wurde für Apfel wie Quitte gleichermaßen benutzt. Aus Beschreibungen kann geschlossen werden, dass häufiger die Quitte gemeint ist: So wird auf die goldene Farbe, die Rippen und den Wohlgeruch verwiesen, den die Römer auch als antike Form der Aromatherapie in ihren Räumen einsetzten.

Karl der Große empfahl seinen Landsleuten in der Landgüterverordnung „Capitulare de villis vel curtis imperii“ u.a. den Anbau der Quitte nicht zuletzt wegen ihrer Heilwirkung und sorgte so wohl für die weitere Verbreitung in Europa. Die Symbolik als Frucht der Liebe und Fruchtbarkeit hielt sich praktisch in ganz Europa noch bis ins späte Mittelalter. Ob in Form von Quittenkonfekt als Mitbringsel bei der Brautschau oder als fester Bestandteil der Hochzeitstafel. Als Nahrungsmittel waren vor allem Quittenkonfekt und Quittenmus beliebt. Letzteres ist Namensgeber einer anderen Süßigkeit, die wir gar nicht mehr mit ihrem Ursprung in Verbindung bringen: Die Portugiesen nannten das Quittenmus „Marmelo“ (Honigapfel) – und erfanden so gewissermaßen die „Urmarmelade“.

Heute ist die Quitte in Mittel- und Westeuropa nicht (mehr) stark verbreitet. Das hängt wohl auch damit zusammen, dass die bei uns angebauten Sorten nicht gut für den Rohverzehr geeignet sind. Lediglich meist als Ziergehölz finden sich einige Sorten in Parks und Gärten. Dies ist im östlichen Mittelmeerraum und besonders in der Türkei ganz anders. Hier, wo die Quitte auch zum Teil noch wild vorkommt, wachsen Sorten, die auch roh sehr aromatisch sind. Und so ist es nicht verwunderlich, dass die Türkei in Sachen Quitte auch heute an der Spitze der Weltproduktion steht.

Heilkraft für die Hausapotheke

Es gibt seit der Antike zahlreiche Quellen, in denen die besondere Heilkraft der Quitte hervorgehoben wird. Schriftlich belegt ist der Einsatz als Heilmittel erstmals bei Hippokrates, der Quitten bei Fieber und Durchfall verwendete. Darüber hinaus setzten die Griechen Quitten bei Magenbeschwerden und Frauenleiden ein. Die Darreichungsformen reichten von Quittenwein über Quittenhonig (in Honig eingelegte Quitten) bis hin zu Quittenblüten, die u.a. in Salben Verwendung fanden. Bei den Römern war es Plinius, der die Quitte darüber hinaus für weitere Anwendungen empfahl, darunter unter anderem als Wachs zur Stärkung der Haare. Die Perser setzten den aus den Kernen gewonnenen Schleim u.a. gegen Erkältungskrankheiten ein.

Im Mittelalter war es Hildegard von Bingen, die in ihrer „Causae et Curae“ – Ursachen und Behandlungen (von Krankheiten) – Quitten als Heilmittel gegen Gicht und Rheuma, aber auch zur Reinigung und zum Abführen empfahl. Hieronymus Bock sah schließlich in der Quitte gewissermaßen das Wunderheilmittel und legte besonders den Armen das die Frucht für den Einsatz in der Hausapotheke ans Herz.

Tatsächlich ist die Quitte reich an Pektin und Gerbsäuren (Tanninen). Darüber hinaus weist sie einen hohen Vitamin C-Gehalt auf, ebenso zahlreiche Mineralstoffe, wie Kalium, Eisen, Natrium, Zink und Fluor.

Anbau und Sorten

Der Quittenbaum wird bis zu 7 m hoch. Wegen seines ausladenden, buschigen Wuchses wird er häufig als Hecke angepflanzt. Blütezeit ist das späte Frühjahr, wenn die Tage schon wärmer sind. Dann duften die bis zu 8 cm großen, weißlich-violetten Blüten und locken zahlreich Bienen und Hummeln an. Ende September beginnt die Erntezeit, die bis Anfang November geht. Idealer Erntezeitpunkt ist kurz vor der Vollreife, wenn die Früchte gerade ihre Farbe von gelb nach grün wechseln. Dann ist der Pektingehalt am höchsten. Vollreif geerntete Früchte werden schnell braun. Zu früh geerntete Quitten haben noch nicht ihr volles Aroma.

Die etwa 200 Quittensorten lassen sich grob in drei Gruppen unterscheiden: Apfel- und Birnenquitten, deren Form an die jeweilige Frucht erinnert, und Zierquitten, die kleiner und genau so essbar sind. Tendenziell sind apfelförmige Quitten härter, aber auch aromatischer als birnenförmige, deren Fruchtfleisch meist weicher ist.

Vielseitiger Genuss

Auch wenn Quitte aufgrund ihres meist harten Fruchtfleischs zunächst etwas „sperrig“ erscheinen, lassen sie sich doch sehr vielseitig in der Küche einsetzen. Dabei gehen die Möglichkeiten weit über das traditionelle Quittenmus bzw. Quittenkonfekt hinaus. Zum Rohverzehr geeignet sind nur wenige Sorten, die vor allem im östlichen Mittelmeerraum zu finden sind. Jedoch können Quitten in ganz unterschiedlichen Zubereitungsarten in der süßen, aber auch der herzhaften Küche eingesetzt werden.

Vor der Zubereitung muss der ölige Flaum zunächst abgerubbelt werden – am Besten mit einem trockenen Tuch. Ob die Frucht geschält wird, hängt von der weiteren Zubereitung ab: Zur Saftgewinnung, für die Herstellung von Quittenmus oder beim Ansetzen von Likör werden die Früchte samt Schale und Kernen verwendet, da so die Pektinausbeute am Größten ist und die ätherischen, aromatischen Öle in der Schale genutzt werden können. Durch den natürlichen hohen Pektingehalt kann bei der Herstellung von Gelee bei so zubereitetem Saft auf die Zugabe weiterer Geliermittel verzichtet werden.

Sollen die Quitten für Kompott, Gemüse oder als sonstige herzhafte oder süße Beilage gedünstet oder gebraten werden, empfiehlt es sich, die Früchte vorher zu schälen und zu entkernen. Je nach Größe der verwendeten Stücke beträgt die Garzeit 15-25 Minuten.

Spiel mit den Aromen

Die fein säuerliche, fruchtige Note der Quitte lädt ein, sie mit ganz unterschiedlichen Aromen zu kombinieren. Zu den eher klassischen gehören diejenigen, die auch bei Apfel oder Birne Verwendung finden: Vanille, Zimt, Nelke, Kardamom und Sternanis, die sich mit Rum, Weinbrand oder Likör noch ergänzen lassen. Wunderbar geeignet sind auch die verschiedenen Pfefferaromen, die ruhig großzügig und am Besten frisch gemörsert einsetzt werden können: vom klassischen schwarzen Pfeffer über rosa Beeren oder Piment bis hin zu Chili oder Sichuanpfeffer.

Im Kräutergarten finden sich Rosmarin, Thymian, Verbene, Lorbeer – oder die interessante Variante mit Basilikum, die sich sowohl für süße als auch für herzhafte Speisen als Begleiter anbieten. Oder – ganz im Sinne von Aphrodite – die verführerische Kombination mit Rose.

Lassen Sie sich doch vom Menü des Monats oder den anderen Quittenrezepten im Culinarium inspirieren. Entdecken Sie Aphrodites Apfel für sich in neuen Kombinationen.

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