Die Esskultur eines Landes umfasst verschiedene Facetten. Von der Wahl der Zutaten und Aromen über die eigentlichen Speisen und deren Zubereitung bis hin zu verschiedenen Essritualen wird Esskultur von einigen weiteren Faktoren beeinflusst. Erst aus diesem Zusammenspiel ergibt sich das, was wir als typische Küche eines Landes oder einer Region bezeichnen. Durch Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten lassen sich verschiedene Küchen voneinander abgrenzen und wechselseitige Einflüsse aufzeigen.
Einflussfaktoren
Zutaten und Aromen
Jede Küche verwendet bestimmte Massenzutaten, die vor allem der Nährstoffversorgung dienen und wegen ihres hohen Bedarfs in der Regel nicht importiert, sondern regional produziert werden. Allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass ursprünglich nicht beheimatete Zutaten einmal importierte auch zum festen Bestandteil einer Küche werden können. Das bekannteste Beispiel hierfür ist die Kartoffel, die von den spanischen Eroberern einst als Zierpflanze aus Südamerika mitgebracht wurde. Zunächst vereinzelt Anfang des 17. Jahrhunderts in Süddeutschland angebaut, fand sie unter der „Schirmherrschaft“ des Alten Fritz weite Verbreitung und ist heute in Mitteleuropa ein nicht mehr wegzudenkendes Grundnahrungsmittel.
Einen nicht minder prägenden Einfluss auf die Küche eines Landes haben Geschmacksmittel: jene Zutaten, deren Zugabe nicht durch ihren Nährstoffgehalt, sondern durch Geruch, Geschmack und auch Farbe bestimmt sind. Hierzu zählen natürlich Gewürze und Kräuter, aber auch Zucker, fermentierte Fisch- und Bohnenprodukte (wie Soja- oder Fischsauce) oder Rauch. Einige dieser Geschmackszutaten haben nur regionale Bedeutung – andere haben einen wahren Siegeszug rund um den Globus angetreten. So konnte sich der eigentlich aus Mittelamerika stammende Chili fast überall in den Landesküchen behaupten. Nur die Europäer bilden hier eine gewisse Ausnahme.
Zubereitungstechniken
Auch Gar- oder Heizmethoden und die verwendeten (Ess-)Geräte unterscheiden sich zum Teil in den Landesküchen sehr deutlich. Stark durch die Lebensweise, den Technikstand und verfügbare Heizmaterialien beeinflusst, prägen sie den Geschmack, aber auch die Essrituale eines Landes.
So hat der Plow (auch Pilaw oder Polow), ein in vielen asiatischen Ländern verbreitetes Reisgericht, das in einem Topf zubereitet wird, seine Wurzeln darin, dass traditionell nur 1 Kochstelle verfügbar war (und zum Teil auch noch ist) Die Wok-Gerichte, bei denen hierfür extra klein geschnittenes Gargut schnell erhitzt und nur kurz gegart wird, gehen dagegen eher auf nur knapp verfügbares Heizmaterial zurück.
Weitere Einflussfaktoren
Über Zutaten und Zubereitungstechniken hinaus gibt es weitere Einflussfaktoren, die eine Küche prägen können. So gibt es zahlreiche religiöse Speisetabus, die einerseits Zusammengehörigkeit fördern, aber auch zu einer deutlichen Abgrenzung führen innerhalb einer Gesellschaft führen können. Im indischen Speisesystem macht beispielsweise das brahmanische Reinheitsgebot einen engen Kontakt mit Mitgliedern anderer Kasten fast unmöglich.
Mit Blick auf den historischen Kontext zeigen sich zum Teil starke Unterschiede, wie offen sich Landesküchen für den Einfluss anderer Länder zeigen und wie schnell oder langsam sich Neuerungen verbreiten und in die eigene Küche aufgenommen werden. Die „westlichen Länder“ (Europa, Nordamerika und Australien) zeigen sich hier sehr offen für Elemente ausländischer Küchen und nehmen sie parallel zur eigenen Landesküche auf. Die italienische Pasta beispielsweise ist inzwischen nicht nur in Deutschland selbstverständlicher Bestandteil im Speiseplan geworden. Einwohner anderer Länder, wie zum Beispiel die Chinesen, grenzen ihre Regionenküchen stärker ab. Neue Einflüsse werden zwar auch hier aufgegriffen, aber an die eigenen Traditionen angepasst.
Essrituale
Wie bedeutsam Essrituale anderer Länder sein können, merkt man spätestens dann, wenn man im Ausland mit Einheimischen am Tisch sitzt. Das reicht vom Schmatzen und Schlürfen, welches bei uns verpönt, im asiatischen Raum jedoch zum guten Ton gehört, über die Verwendung bestimmter Essbestecke – das können dann auch mal die Finger sein – bis hin zur Mahlzeitenfolge im Tagesablauf.
Hier braucht man oft gar nicht weit reisen, um auf Unterschiede zu stoßen. So begeben sich die Niederländer vormittags in Kaffeepause, eine Zwischenmahlzeit, die bei uns auf den Nachmittag fällt. Etwa zur gleichen Zeit, zu der die Engländer ihre Teatime zelebrieren, bei der sie nicht nur Tee sondern klassischerweise auch Herzhaftes in Form von Sandwiches zu sich nehmen.
Ebenfalls Unterschiede zeigen sich bei der Bewirtung von Gästen und zu festlicheren Anlässen. Die für uns klassische Menufolge, die von kalten und warmen Vorspeisen, unter denen oftmals eine Suppe ist, über den Hauptgang zum meist süssen Dessert geht, wird beispielweise in China – aus unserer Sicht – „herumgedreht“: hier bildet die Suppe den krönenden Abschluss eines mehrgängingen Mahls. Wohingegen in Indien oder Indonesien die Speisen gleichzeitig aufgetragen werden und letztlich gar nicht nach verschiedenen Gängen unterschieden wird.
So fest verwurzelt gerade die Essrituale oftmals mit der Alltagskultur eines Landes sind, so sehr sind sie gerade besonders in jüngster Zeit dem Wandel unterworfen. Dies betrifft das Aufkommen von Fast Food genau so, wie beispielsweise die sinkende Bedeutung des bei uns traditionell verankerten „Abendbrotes“, das aufgrund der beruflichen Mobilität immer mehr durch eine warme Mahlzeit ersetzt wird.
Dieser Wandel von tradierten Essgewohnheiten ist jedoch ein Phänomen, das nicht nur in westlichen Ländern zu verzeichnen ist.
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