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Etappe 7 – Puducheri

von
puducherikathedrale

Ein Hauch von mediterranem Ambiente, frankophile Gewölbe und ein 60 Minuten Gourmet

ich habe gerade den eigentlich immer als charmant beschriebenen Ort Puducheri hinter mich gebracht, der jedoch einen äußerst lauwarmen Eindruck hinterlassen hat – natürlich nicht im wörtlichen Sinn, die Redensart „hotter than the Bollywood stars“ trifft auch hier vollständig zu.

Puducherri ist eine französische Ansiedlung und war bis 2006 unter dem kolonialen Namen Pondicherry bekannt; es stand auch bis ca. 1960 unter französischer Kolonialherrschaft, mit einigen Phasen britischer Okkupation dazwischen. Das ehemalige Französisch-Indien besteht aus fünf disjunkten kleinen Flecken, von denen vier heute in einem Unionsterritorium zusammengefaßt sind, drei an der Ostküste und eines an der Westküste. Ein Unionsterritorium ist eine Spezialität der indischen Verfassung: Diese Gebiete werden direkt von der Zentralregierung in Delhi verwaltet und haben grundsätzlich keine lokal gewählte Regierung oder Legislative, wobei diese Regel jedoch in Puducheri durch einen Vertrag mit Frankreich etwas aufgeweicht ist.

Marienschrein im indischen Stil

Die planmäßig angelagte Stadt mit ihrem Netz von rechtwinkelig zueinander verlaufenden und dreisprachig – Tamil, Englisch und Französisch – benannten Straßen hat auch heute noch ein etwas mediterranes Ambiente. Die Uferpromenade bietet zwar keinen Sandstrand, aber immerhin eine hervorragende Infrastruktur von fahrenden Snack-, Saft-, Eis- und Fruchtverkäufern, die beim Publikum regen Anklang finden. Zwei Kanäle durchziehen die Stadt, die jetzt kaum Wasser führen, aber dafür einen desto intensiveren Geruch verströmen. Ehrlich gesagt freue ich mich schon auf den Monsun, der diesen ganzen Gestank wegspülen wird.

Altar der Herz-Jesu-Kirche

Anzusehen gibt es nicht viel, eigentlich nur ein paar Kirchen, von denen die Kathedrale die beeindruckendste ist. Hier treffen indischer Farb- und Formenreichtum auf katholische Ikonographie, und das Ergebnis liegt zwischen charmant und befremdlich. Es ist auch ein echter Segen, zur Abwechslung einmal „nicht“ die Schuhe ausziehen zu müssen, wenn man eine Sehenswürdigkeit besucht – die christlichen Inder beten aber trotzdem lieber barfuß, diese Art von Masochismus liegt ihnen wohl im Blut.

Im Buchladen: „Cooking light“ und ähnliche Titel

Ich war überrascht, eine „Rue Surcrouf“ zu finden, die an den französischen Kaperkapitän Robert Surcrouf erinnert, der im frühen 19. Jahrhundert eine der wenigen marinen Erfolgsgeschichten Frankreichs schrieb. In meiner Jugend hatte ich eine Kurzgeschichte von Karl May über diesen wagemutigen Kaperer gelesen, der in den asiatischen Tropen zahlreiche englische Handelsschiffe aufbrachte und ihre Ladung für Frankreich beschlagnahmte; eine Episode dieser Erzähling spielt auch in Puducheri. Ob Surcrouf aber wirklich hier im Hafen ein englisches Schiff kaperte und – ganz Franzose – danach lediglich erzwang, daß seine Matrosen an einem Tanzabend mit englischen Damen teilnehmen konnten, war leider nirgendwo zu verifizieren.

Zuckerwatte-Verkäufer

Die größere Berühmtheit des Ortes war jedoch Sri Aurobindo, ein bengalischer Guru, der hier einen Ashram führte; nach seinem Tod gründete seine engste Vertraute, die Französin Mirra Richard, eine „exerimentelle“ Stadt namens Auroville, in der spirituell Interessierte aus allen Nationen gemeinsam an der Vervollkommnung des Menschen arbeiten sollten. Das Projekt erregte in den Siebzigern weltweites Aufsehen und wurde auch von der UNESCO gefördert, hinkt aber seinen hochgesteckten Zielen immer weiter hinterher, seitdem die Gemeinschaft der „zukünftig besseren Menschen“ in gegeneinander intrigierende Fraktionen aufgespalten ist. Touristen sind in Auroville nicht besonders willkommen, und daher habe ich von einer Besichtigung Abstand genommen.

Gewölbe-Restaurant

Und das ist auch schon so ziemlich alles, was man in Puducheri machen kann: Die auf mediterrane Art mit Bäumen bepflanzte Straßen entlangschlendern und warten, bis die Hitze sich etwas legt. Zwischendurch kann man ein paar Mangos essen, die Produkte der indischen Speiseeisindustrie verkosten (sie werben mit dem Prädikat „italienisch“, und es ist auch weich und cremig, was aber eher der schlechten Kühlung geschuldet sein dürfte) und die reichlich vorhandenen Buchläden nach englischen Titeln durchforsten. Die haben mich wiederum sehr an Deutschland erinnert, denn auch hier boomen dünne Hochglanzheftchen mit Kochthemen und erstaunlichen Titeln wie “60 Minute Gourmet”, “Cooking light” und “Stir-fry: Quick and simple recipes”, ganz zu schweigen von “Eat and stay slim”. Indien ist eben am Weg zu einer Mittelklassegesellschaft mit Wohlstandsbauch, und die ersten sind offenbar bereits im Ziel.

Espresso-Maschine

Zu essen gibt es nicht viel, die Franzosen haben sich hier nur beim Wein verewigt, dem in etwas urigen Restaurants mit Gewölbeatmosphäre gerne zugesprochen wird. Der Rest der Ernährung ist ziemlich dasselbe wie in anderen Orten in Tamil Nadu, aber wegen der Raumschiff-Enterprise-artig gestylten Restaurants mit voll aufgedrehter Klimaanlage teurer als anderswo. Den Vogel schoß jedoch die Espresso-Maschine im Touristeninformationsbüro ab, ein offenbar altehrwürdiges, vollmechanisches Ding. Für den Preis eines einfachen Mittagsmahles bekommt man dort einen Kaffee, wie in die Berliner Eckkneipe auch nicht wäßriger versemmeln kann.

Rava kesari

Da halte ich mich lieber an echt tamilisches Essen. Von den Curries, den gerösteten Chilies und dem würzigen „rasam“habe ich ja schon anderswo genug geschrieben, deshalb soll heute ein süßes Desert vorgestellt werden: Rava kesari. Das ist eine feste, etwas elastische Masse mit körniger Struktur, die im wesentlichen aus Weizengrieß, Zucker und Nüssen besteht und mit Cardamom und Safran gewürzt wird. Der Grieß wird in Butterschmalz gebräunt und danach mit Wasser, Zucker und Gewürzen aufgegossen, bis er zu einer dicken, festen Masse erstarrt. Milch ist komischerweise offenbar nicht beteilgt, und darin unterscheidet sich „rava“ vom nordindischen khir, der außerdem eine flüssigere Konsistenz aufweist.

Nächste Woche eile ich dann in die kulturelle Hauptstadt Madurai.

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